(Unbezahlte Werbung) Seit mehreren Jahren darf eine Zutat niemals in meiner Küche fehlen: ein Döschen von Hannes Pinterits´Pannonischem Majoran! Ob für die Suppe, den sommerlichen Salat oder als würzige Note auf Feta-Käse, für den aromatischen Majoran finde ich unzählige Arten der Verwendung. Aber es ist nicht nur dieses für das Nordburgenland typische Gewürz, das man in Hannes Pinterits´ Safranoleum findet, denn der Neo-Bauer verblüfft mit einer beeindruckenden Vielfalt an Gewürzen und Gewürzölen, alle von feinster Qualität.
Das Safranoleum befindet sich nahe Siegendorf, einer kleinen Gemeinde südlich von Eisenstadt, auf deren burgenländisch-kroatische Tradition der Ortsname “Cindrof” hinweist. Die kleine Marktgemeinde liegt nicht unweit der Grenze zu Ungarn. All die regionalen Traditionen spielen eine Rolle im Tun des Produzenten, aber nicht nur, denn Hannes Pinterits meint:
Jede Tradition muss begründet werden.
Und damit bricht er mit klischeehaften Erwartungen. Als ich beim Interview zu fragen beginne, merke ich schnell, dass es selbst für mich kritischen Menschen nicht so leicht ist, Antworten auf meine vorbereiteten Fragen zu erhalten. Sie zielen zunächst ins Leere, und ich stelle fest, dass ich selbst Begriffe wie “Bio”, “regional” oder “nachhaltig” teilweise schubladisiere. Und so wird das Gespräch mit Hannes Pinterits nicht nur spannend, sondern es lässt mich reflektieren und inspiriert mich.
Neue Wege gehen
Natürlich greift Hannes Pinterits Traditionen, auch regionale, auf, in dem er den Mut gefasst hat, die alte österreichische Tradition des Safrananbaus wiederzubeleben. Und der Majoran, der gerade in meiner Heimatgemeinde Neusiedl am See kultiviert wurde (über neue Initiativen dort habe ich 2016 hier auf dem Blog berichtet), ist nun wieder ein Thema. Doch was ist Tradition letztendlich und soll der Blick nur zurück gerichtet werden? Irgendwann muss man auch mit Neuem beginnen.
Und das hat Hannes Pinterits getan. Er ist ein Quereinsteiger in die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion. Auch ein nicht unwesentlicher Aspekt, denn ich denke immer, dass der Weg, den man sich selbst aussucht, der nicht vorgezeichnet ist, ein besonders guter sein kann. Dass, was er macht, würden die meisten Landwirte nicht tun. Diesen Weg muss man schon wollen, ihn mit Leidenschaft leben, und es muss einem auch egal sein, was andere davon halten. Und man muss auch Verluste hinnehmen. Safrananbau ist kein leichtes Geschäft, der Ertrag aber umso wertvoller.
Das Überwinden von Grenzen
Das Hinterfragen der Begriffe von Tradition und Region gefällt mir, versuche ich ja auch, auf Steppe und Stadt Altbewährtes mit Neuem zu verknüpfen, Stadt mit Land und Kulturen miteinander zu verbinden, um etwas Eigenständiges zu entwickeln.
So finde ich auch Hannes Pinterits‘ Gedanken zur „Grenze“ der Region zutreffend:
Die Region endet nicht an Grenzen, schon gar nicht an politischen.
Gerade für das Burgenland, aber auch für den Schmelztiegel Wien, stimmt der Ansatz, wo seit jeher unabhängig der jeweiligen politischen Grenzen und Gegebenheiten Sprache, Kultur und Kulinarik unterschiedlicher Herkunft ineinander flossen.
Vielfalt und Qualität
Und ehe ich auf die Vielfalt der Gewürze und Köstlichkeiten aus aller Welt zu reden komme, möchte ich auf eines der Gewürze hinweisen, das aus der burgenländisch-ungarischen Küche stammt: Paprikapulver. Hannes Pinterits bietet dieses in zwei Varianten an: einmal in der süßen und einmal in der scharfen Form. Das Besondere an Hannes Pinterits‘ Paprikapulver ist, dass es reinsortig ist und keine Mischung aus unterschiedlichen Paprikasorten. Er würde nicht alles, das er verkostet, erkennen, so Hannes Pinterits, aber beim Gulasch merke er schnell den Qualitätsunterschied des verwendeten Gewürzes.
Der hohe Qualitätsanspruch ist bezeichnend für Hannes Pinterits. Das erklärt auch, warum seine Produkte in den engagiertesten Häusern der Gastronomie zu finden sind. Beim Safran beispielsweise sind es die handverlesene Qualität und Echtheit, die das Gewürz zu einem Juwel machen. Die Safranspitzen müssen tiefrot sein. Für ein Kilogramm Safran werden 200.000 Blüten und 700.000 Narben gebraucht. Da wird einem klar, warum sich so Wenige in Österreich den Anbau und die Ernte „antun“. Und Safranfälschungen gibt es auf dem Weltmarkt leider zahlreiche. So wird Safran zum Beispiel mit Kurkuma, Arnika oder den Blütenblättern des Klatschmohns gestreckt.
Geheimnisvolle Nuancen
Während des Interviews kommen Interessierte, um zu verkosten, zu staunen und zu kaufen. Hannes Pinterits hatte angekündigt, dass das jederzeit geschehen könne, da an diesem Freitag geöffnet ist. Es stört mich nicht, macht es doch gleich auch das Interview lebendiger. Und mit den ersten beiden Damen, die ins Safranoleum kommen, verkoste ich auch die Fenchelpollen. Der Produzent meint, dass manche vom lakritzeähnlichen Geschmack irritiert wären, der im Abgang zu spüren ist. Er ermuntert aber auch seine Besucherinnen, aufgeschlossen zu sein und Neues auszuprobieren. Ich bin es – so wie ich auch den Zugang zu ursprünglichen und unfiltrierten Weinen gefunden habe, so faszinieren mich die geheimnisvollen Noten der Gewürze.
Besonders begeistert mich das „Würzöl Koriander“, aus der Koriandersaat gewonnen. Es schmeckt so fein nach der Note der Koriandersaat, unglaublich aromatisch und lässt sich aus der Flasche mit wohl durchdachter Öffnung so leicht dosieren, sodass es in feinen Tröpfchen zu träufeln ist. Und Hannes Pinterits meint auch, dass wenige Tropfen der intensiven Öle reichen. Das Korianderöl empfiehlt er auch zu Süßspeisen wie Fruchtsalat oder Eis. „Leicht über die Eiscreme sprühen“, meint er zu den Besucherinnen. Und schon ist man inspiriert zu kulinarischen Kreationen.
Ein besonderes Handwerk
Pinterits‘ feine Öle werden auf besondere Art gewonnen, und zwar nicht durch das Einlegen von Gewürzen in Öl, wie das oft geschieht. Bei ihm wird das jeweilige Gewürz gemeinsam mit der Ölsaat gepresst, was, wie der Produzent sagt, „flüssige Gewürze“ hervorbringt. Die Basis für die Gewürzöle bildet reifes Sonnenblumenöl. Es handelt sich um eine so genannte Kaltpressung, bei der schließlich die Trübstoffe erhalten bleiben.
Den Leitgedanken macht ständig das Streben nach Qualität aus. Hannes Pinterits bietet die meisten seiner Produkte in Bio-Qualität an, doch nicht immer ist das möglich. Dort, wo es zum Konflikt mit der Anforderung der Qualität kommt, setzt er im Zweifelsfall diese vor der Bio-Anforderung.
Vom Burgenland aus in die Welt blicken
Und die Ferne stellt Hannes Pinterits gerne vor die Regionalität – dort, wo es passt. Er denkt, dass man nicht jeden Anbau erzwingen muss. Jede Region hat ihr typisches Klima und ihre typischen Böden, die für die Qualität der dort kultivierten Pflanzen ausschlaggebend sind. So findet man im Safranoleum handverlesene Gewürznelken aus Madagaskar, Kampot-Pfeffer aus Kambodscha oder Schokolade aus Venezuela, wofür Hannes Pinterits mit ausgewählten Partnern zusammenarbeitet.
Aber natürlich kooperiert er auch mit Partnern aus der Region und Wien. So findet man Gin, bei dessen Erzeugung seine Gewürze eine Rolle spielten, der “Vienna Craft Distillery” oder Kräuternudeln, die im Austausch mit den “Seewinkler Eierteigwaren” entstanden sind.
Während wir uns unterhalten, kommen wieder neue Gäste ins Safranoleum und Hannes Pinterits freut sich, dass diese sofort Ideen haben, wie sie zum Beispiel seinen Waldviertler Weißmohn verwenden können. Ich frage ihn später, ob er denkt, dass das Bewusstsein der Österreicher und Österreicherinnen für Qualität bei Lebensmitteln in den letzten Jahren gestiegen ist. (Ich kann das stets selbst schlecht bewerten, weil in meiner Familie und meinem Freundeskreis ein Bewusstsein bis großes Bewusstsein besteht.) Hannes Pinterits meint, dass dies schon einerseits der Fall sei, aber andererseits es auch wiederum nicht die Mehrheit der Leute ist.
Das einfache Leben
Hannes Pinterits ist, als er das Safranoleum gründete, auch dorthin gezogen, auf jenes Fleckchen Natur, das zwischen Eisenstadt und Siegendorf liegt. In den nächsten Jahren soll zum Kräuter- und Nutzgarten auch die Tierhaltung dazukommen – so, dass allmählich ein Hof und ein Zuhause entstehen, die an alte Kleinbauernhöfe erinnern. Die Selbstversorgung soll funktionieren – und ich denke dabei an Steffi Renners (Rennersistas) Gedanken über den biodynamischen Hofkreislauf.
Hannes Pinterits ist zufrieden. Und es scheint ihm egal, was andere denken. Er ist angekommen, an seinem Weg, zu leben und zu wirken. Er ist Visionär und Realist zugleich. Und er schmunzelt, wenn er darüber nachdenkt, dass manche ihm vielleicht einen moderneren oder aufwendigeren Traktor als jenen, den er nutzt, empfehlen könnten. Nach dem Motto “Was braucht man mehr” ist er zufrieden mit dem Hier und dem Jetzt, was eben nicht ausschließt, stets offen zu sein und neue Wege zu gehen und sich zu bewegen. Als ich ihn nämlich fragte, wie er zu den Partnern gekommen ist, meinte er, man müsse suchen und auf die Leute zugehen. Und als ich als das höre, reflektiere ich darüber, wie oft wir das Wesentliche vergessen. Und dann muss ich auf irgendeine Art und Weise an Tolstois Worte “Wie viel Erde braucht der Mensch” denken. Was brauchen wir wirklich, um glücklich und ausgefüllt zu sein? Und so lässt mich diese Begegnung letztlich, als ich nach dem Weg über Felder wieder auf dem Heimweg nach Wien bin, an den Lockdown zurückdenken… bei all den Herausforderungen durch die Pandemie, haben viele Menschen damals, im März 2020, darüber nachgedacht, was wirklich wichtig ist im Leben, und auch darüber, wie gut uns der Einklang mit der Natur wieder täte…
Ich bedanke mich herzlich bei Hannes Pinterits für dieses Gespräch! Und neben dem Paradeisersugo mit Majoran und der Feigenmarmelade mit Safran, die ich neulich hier vorgestellt habe, werde ich in Kürze weitere Gerichte mit Pinterits-Zutaten kreieren!