
(Reportage/Werbung/nicht gesponsert) Der Austria Food Blog Award wartet mit Überraschungen auf! So erfahre ich, dass es im Rahmen des Wettbewerbs eine Überraschungskategorie gibt, nämlich jene der Restaurantbeschreibung.
Schon lange habe ich das nicht mehr getan, und da ich das Wort ebenso schätze wie das Bild, ja sogar vom Schreiben her komme, ergreife ich natürlich die Chance dazu! Und ich wähle jenes Lokal, das wir zuletzt vor zwei Wochen mit lieben Freunden besucht haben und mit dem mich persönlich so viel verbindet!
Gleich vorweg – das Café Ansari, dessen Name für mich fast persisch anmutet, und ich habe ja meine ganz besondere Liebesbeziehung zu dieser und den verwandten Küchen, ist ein georgisches. Ich glaube, für die Wahl des Dinners mit unseren Freunden war das auch ausschlaggebend, da unser Freund vor Jahren auf Expeditionstour durch dieses faszinierende Land unterwegs war und die Küche schätzen gelernt hat.
Auf Nana Ansari, die Gründerin des gleichnamigen Projekts, wurde ich durch die Herausgabe des Buches “Die georgische Tafel” aufmerksam, wurde dieses Buch doch im Wiener Mandelbaum-Verlag publiziert, jenem Verlag, in dem ich vor einigen Jahren selbst als Zeithistorikerin publiziert habe – eine Autorenkollegin sozusagen, wenn auch auf kulinarischer Ebene. Und eine Künstlerin – Nana Ansari hat in Georgien Kunst studiert. In den 1990ern flüchtete sie mit ihren Kindern vor dem Krieg in ihrem Land nach Wien. In Wien-Leopoldstadt hat sie den Wirkungsort für ihr kulinarisches und kunstsinniges Talent gefunden.
Nana Ansari betrieb zunächst auf dem Karmelitermarkt das Lokal “Madiani”, ebenso georgisch orientiert. Den Markt und den Bezirk habe ich irgendwann, durch verschiedene Umstände und wegen der Vielfalt, die sich hier widerspiegelt, schätzen, nein: lieben gelernt. Die Leopoldstadt ist “mein” Bezirk geworden, seit 2014 leben wir im Augarten-Rembrandtviertel, und eine Diagonale verbindet uns auf schnellste Weise (und das zu Fuß!) mit dem Karmelitermarkt und letztlich auch mit dem neuen Standort Ansaris: der Praterstraße nahe dem Donaukanal und an der Grenze zur Inneren Stadt. Dort, wo auch das “Mochi” Edi Dimants ansässig ist, umgeben von schattenspendenden Bäumen, alten Häusern mit romantischen Rolläden, und dem alten Nestroy in Form einer Statue, liegt das Café Ansari. Fast ein bisschen versteckt, hinter den modernen Hochhäusern am Donaukanal, eine Architektur, die mich genauso anspricht wie das verborgene Alte. Vor dem Ansari ebenso wie vor dem Nachbarlokal Mochi tut sich ein Plätzchen auf, das eine eigene Atmosphäre versprüht, und die Lampions in den Platanen zaubern eine romantische Stimmung in den Abendstunden.
An diesem Abend freute es uns besonders, an einem der langen Tische, die an die großen Fenster im vordersten Bereich des Lokals anschließen, einen Platz bekommen zu haben. Durch die offenen Fenster dringt dann an Sommerabenden die kühlere Luft ins Innere und Schanigarten und Innenraum verschmelzen auf diese Weise beinahe miteinander.
Wir hatten also an unserer “georgischen Tafel” Platz genommen. Der Titel des Buches bezieht sich übrigens auf das gemeinsame Mahl und die Gastfreundschaft der Georgier. Großzügigkeit und die Idee, das Mahl nicht nur als “Selbstzweck” zu sehen, wie es in Ansaris Buch heißt, machen die georgische Tafel aus. Das gemeinsame Essen soll der Pflege und Vertiefung von Beziehungen und Freundschaften dienen. Gemeinsames genussvolles Speisen und das Trinken von edlem Wein – fast wie im Burgenland!
Und fast Persisch muten die Zutaten der Gerichte an! So gelten frische Kräuter als beliebter Bestandteil von Speiseabfolgen – das erinnert mich an die persische Kräuterplatte Sabzi Khordan. Bohnen, Melanzani, Granatäpfel, Tomaten-Gurken-Salat oder Estragon – alles “Must-haves” in der Persischen Küche. Und dass die Marmelade in der georgischen Küche “Muraba” genannt wird, ist ebenso ein spannendes Detail, denn Moraba heißt sie auf Persisch. Alles nicht so verwunderlich, wenn man sich die bewegte Geschichte Georgiens ansieht, die von vielen unterschiedlichen kulturellen Einflüssen geprägt wurde. Georgien ist jedenfalls das Land, dessen Kulinarik eine Brücke zwischen Orient und Okzident darstellt. Und dort war unser Freund auf Wanderexpedition gewesen. Dort hatte er auch Koriander in Mengen genossen, jenes Kraut, das man ja nur lieben oder hassen kann. Wir sind “Team Koriander”!
Mein Mann und ich schätzen nicht nur Koriander, sondern, wer Steppe und Stadt folgt, weiß das, auch alle Arten von Antipasti und Mezze, also von kleinen appetitanregenden Köstlichkeiten. Und so wählten schließlich alle die Antipastivariationen als Vorspeise. Diese werden im Ansari auf einer Etagere serviert, überhaupt ist die Tafelkultur eine ganz originelle. Orientalisch anmutende Teegläser wechseln zum Beispiel mit puristischer Keramik ab.
Auch die weitere Dekoration soll nicht unerwähnt bleiben: Stets findet man die unterschiedlichsten Blumenarrangements vor. Wieder etwas, das ich wohl mit Nana Ansari gemeinsam habe: Ich liebe puristisch-modernes Interieur, und hie und da einen besonderen Akzent, sehr gerne stelle ich große Vasen mit den verschiedensten Lieblingsblumen auf.
Doch zurück zum Kulinarischen: Die Antipasti waren hervorragend und wir genossen sie, während wir über Georgien, unser Familien, das Alltagsgeschehen oder die Politik plauderten. Ich kann nicht mal exakt wiedergeben, was hier alles gereicht wurde, aber es war die Kombination, die das Geschmackserlebnis ausmachte: unter anderem Rote-Rüben-Salat, Melanzani, würziger Käse, Hummus und Hühnchen. Bekanntlich bin ich eine, der es leider immer schmeckt, doch auch ich war, vielleicht auch durch das köstliche Brot, das die Antipasti begleitete, und das langsame Genießen, beinahe satt. Dennoch bestellten wir einen weiteren Gang. Nachdem wir es alles andere als eilig hatten, bestellte unser Freund, mit einem fast nostalgischem Blick, die Khinkali, für die eine Zubereitungsdauer von 20 Minuten angegeben wurde, und die als Teigzwirbel mit Fleischfülle beschrieben wurden. Sie sahen witzig aus, wie kleine Mützchen aus Teig und sie waren traditionell zubereitet worden. Mein Mann entschied sich für das vielleicht am wenigsten “typisch” georgische Gericht: Gefüllte Kalamari mit Artischocken, Pinienkernen, Kalamata-Oliven und Schmortomaten. Wir Frauen wurden zu “Team Melanzani” und genossen gegrillte Melanzani mit Adschikapaste, orientalischem Mango-Joghurt und Kräuterhirse.
Adschika ist jene scharf-würzige Paste, die aus roten Pfefferoni und unterschiedlichen Kräutern und Gewürzen gewonnen wird. Der Kellner warnte uns, dass die Paste vielleicht zu scharf sein könnte. Für mich persönlich kein Problem, bin ich doch mit Salami und den schärfsten Pfefferoni aufgewachsen, die mein Vater mit mir zu jeder “Brettljause” verspeiste und die er manchmal, wohl um sich einen Spaß zu erlauben, sogar ins Haubenlokal mitnahm. Unsere Freundin überlegte sehr wohl kurz, ob sie es wagen sollte, und bestellte dann eben jene Melanzani mit Adschika. Der eigentlich eher würzige als scharfe Geschmack gefiel auch ihr, und es dauerte nicht lange, ehe ich ein zusätzliches Schüsselchen Adschika bestellte. Am Ende des Dinners blieb knuspriges Brot übrig, das mit den Kalamari serviert worden war. Dazu muss man sagen, dass mein Mann immer nur kleine Mengen isst, und ich dann oft in den Genuss des Naschens gelange. In dem Fall haben dann drei Leute das restliche Brot mit Adschika vertilgt. Ich glaube, das Brot war in Öl angebraten worden, und mit Adschika war es ein vollendeter Genuss!
Als man uns noch nach einem Dessertwunsch fragte, konnten wir eigentlich nur mehr sagen: “Bitte, vielleicht noch etwas mehr Adschika!”
Wir verließen das Lokal, als man bereits begonnen hatte, aufzuräumen, sprich: Wir waren die Letzten. Draußen, als wir an Nestroys Statue vorbeigingen, musste ich denken, auch dem Volksdichter hätte es wohl hier gefallen. Und hätte ich gewusst, dass ich über diesen Abend eine Reportage schreiben würde, hätte ich wohl mehr der Speisen fotografiert. Allerdings denke ich jetzt gerade, dass Restaurantbeschreibungen eigentlich wie ein Aperitif oder wie Antipasti sein sollen: anregend und jeder sollte sich dann selbst überzeugen dürfen. Und wenn ich auf das Buch, das gerade neben mir liegt, mit der Seite 178 aufgeschlagen, sehe, dann weiß ich, dass ich demnächst Adschika zubereiten muss! Eine Menge Adschika!