Der Name Umathum wird in erster Linie mit großen Weinen in Verbindung gebracht. Josef Umathum zählte zu den ersten Winzern, die nach der Zeit des Weinskandals in den 1980ern neue Wege beschritten, die auch zu internationalen Erfolgen führten. Neben dem Wein von Umathum, sind uns auch seine Spezialitäten, wie Öle, Säfte und Essige, vertraut, weil sie bei uns zu Hause nie im Kühlschrank (ja, wir bewahren Öle und Säfte immer im Kühlschrank auf!) fehlen dürfen. Den Namen Umathum verband ich aber schon vor dem Interview mit gesellschaftlichem Engagement und Tun, da ich mehrfach interessiert über die “Umdenken”-Reihe gelesen hatte, eine Veranstaltungsreihe, die sich mit aktuellen, gesellschaftspolitischen Fragestellungen auseinandersetzt. Das alles machte mich neugierig, Josef Umathum kennenzulernen und für Steppe und Stadt zu interviewen. Als ich schließlich für die Interviewvorbereitung intensiver zu recherchieren begann, stellte sich schnell heraus, dass die Umathums einen Weg gehen, der nicht alltäglich und der in mehrfacher Hinsicht vom Thema “Vielfalt” geprägt ist. Dies gefiel mir, da ich Parallelen zu Steppe und Stadt entdeckte, gerade jetzt, wo ich mein Projekt bewusst mit dem Untertitel “Cultural.Culinary.Diversity” versehen hatte.
Der Interviewtermin war schnell vereinbart und ich begab mich an einem sonnigen Tag, nur wenige Tage zuvor hatten die burgenländischen Winzer noch gegen den Frost zu kämpfen gehabt, nach Frauenkirchen im Seewinkel. Josef Umathum hatte vorgeschlagen, das Interview zusammen mit seiner Frau zu geben, wieder eine Zugangsweise, die ich sympathisch fand und so nahmen wir zu dritt schließlich im großen Verkostungsraum am Weingut Umathum Platz.
Zunächst frage ich meine Interviewpartner meist nach ihrem Werdegang, so auch Josef Umathum. Als Kind, so der berühmte Winzer, sei die Arbeit im Weingarten eher ein Muss gewesen, erst später hat sich das Interesse dafür entwickelt. Der Weinskandal, zur Zeit, als er den Betrieb übernahm, habe seiner Meinung nach nur eine Entwicklung beschleunigt, die schon da war. Er setzte damals auf den Rotwein, der gerade im Kommen begriffen war. Der Rotweinkonsum hatte sich zum Modetrend entwickelt, doch die Rebflächen konnten diesem Konsum nicht mehr gerecht werden. So verhalf er auch dem für die Region typischen Zweigelt, der damals eher einen schlechten Ruf hatte, zu einem neuen Bekanntheitsgrad einer qualitativen und beliebten Rotweinsorte.
Die Ostseite des Sees, so der Winzer, ist vor allem für den Anbau von Zweigelt und St. Laurent geeignet. Josef Umathum ist Authentizität sehr wichtig. So möchte er Sorten kultivieren, die wirklich typisch für die Region sind und daher auch zu erfreulichen Ergebnissen führen. So wird die Rebsorte Blaufränkisch, für die ein früher Vegetationsbeginn, eine lange Vegetationsperiode und eine späte Ernte notwendig sind, auf der Westseite des Neusiedler Sees angebaut. Die Gebiete auf dieser Seite konnte Josef Umathum um das Jahr 2000 für seinen Betrieb erschließen.
Während der Betrieb im Jahr 1985 aus 6 ha Land bestand, weist er nun eine Größe von ca. 50 ha aus und zählt damit sicher zu den Großbetrieben in unserer Region. Der Export geht in 18 verschiedene Länder. Beim Vertrieb ist es dem Winzer auch wichtig, den Ab Hof-Verkauf kontinuierlich anzubieten. Dieser macht 20 % des Vertriebs aus. Freundliche Öffnungszeiten tragen zum Erfolg bei.
Josef Umathum bietet Wein für jeden Geschmack an! Neben den klassischen Weinen setzt der Winzer auch auf Lagenweine, die besonderen Einzellagen (Rieden) entstammen, deren Charakteristik sie auch widerspiegeln, und die von einer besonderen Komplexität und Vielschichtigkeit geprägt sind. Die Lagen- oder Reserveweine sind in Barrique ausgebaut.
Neben den Rotweinen, mit denen viele den Namen Umathum verbinden, werden auch außergewöhnliche Weißweine kultiviert! Über die für die Gegend so typische wie historische Sorte Grauburgunder habe ich letztens berichtet, als ich meine pannonischen Maccheroni and Cheese präsentierte!
Josef Umathum ist es auch ein Anliegen, die regionale wie eben die historische Vielfalt hochzuhalten, so liegt es ihm am Herzen, alte Sorten wieder zu kultivieren. So auch den Lindenblättrigen, der als “Königlicher Tafelwein” angeboten wird. Königlich deswegen, da dieser Wein in der österreichisch-ungarischen Geschichte der Wein der Kaiser und Könige war. Ich glaube, als Historikerin muss ich diesen Wein wohl als nächsten verkosten! Übrigens, hinsichtlich der Weine möchte ich herausstreichen, dass Josef Umathum wunderbare Datenblätter für jeden seiner Weine kreiert, die er als Geburtsurkunde der Weine bezeichnet, mit welcher diese sein Haus verlassen! Liebevoll gestaltet und sehr informativ!
Josef Umathum bietet, wie eingangs erwähnt, auch die so genannten “Spezialitäten” an, das sind hochwertige Öle und Essige, bei denen Regionalität wieder an erster Stelle steht. So werden beispielsweise Rotweinessig, Holunderessig oder das wunderbare Walnussöl produziert, wofür Josef Umathum mit den Betrieben “Hartl” in Klosterneuburg und “Braunschmidt” in Mönchhof zusammenarbeitet. Im Sortiment befindet sich auch Verjus, der Saft unreifer Trauben, über den ich in meinem Artikel über das “nahöstliche Mezze-Trio” geschrieben habe! Während des Interviews habe ich Josef Umathum erzählt, dass wir auch schon eine andere Sorte des Verjus probiert hatten, dass uns aber der Umathum-Verjus besonders gut schmeckt, da sich dieser durch eine köstliche Fruchtigkeit und Frische auszeichnet. Der Winzer meinte, dies liege daran, dass die meisten den Verjus erhitzen und pasteurisieren würden, sein Verjus jedoch würde kalt und steril abgefüllt werden, dies bedeute zwar ein Risiko, bringe aber eine ungleich bessere Qualität. Geheimnis gelüftet, Risiko lohnt sich hier!
Josef Umathum hat seinen Betrieb komplett auf Bio-Dynamik umgestellt. Dazu gehört unter anderem die Begrünung und Beweidung der Weingärten, auch Aspekte einer gelebten Vielfalt. Die Anregung für die Tierhaltung stammt übrigens vom Weingut Triebaumer aus Rust. Damit ist auch das Geheimnis der Schafe gelüftet, die so oft auf den Fotos des Weingut Umathums zu sehen sind!
Ökologisches Bewusstsein wird großgeschrieben – und gelebt. So erkennt man schon, wenn man zum Weingut zufährt, die zahlreichen Photovoltaik-Anlagen am Dach. Vor kurzem hat Josef Umathum das erste Elektroauto bestellt.
Neben ökologischem Bewusstsein ist es eben auch ein starkes Geschichtsbewusstsein, das im Tun von Ariane und Josef Umathum zum Tragen kommt. So ist das Weingut Umathum auch ein der Stationen der “Bibliothek der Region” mit dem Schwerpunkt “Wandel im Spannungsfeld der Kulturen”. In diesen Bibliotheken der Region wird Wissen über die Vielfalt der Region gesammelt. Als Historikerin, die gerade das Bunte an der Region liebt, bin ich begeistert von dieser Idee. Nach dem Interview erhalte ich eine Führung durch das Weingut und besonders beeindruckt bin ich vom lichtdurchfluteten Veranstaltungsraum, wo eben auch zahlreiche Vorträge und Diskussionsveranstaltungen der “Umdenken”-Reihe stattgefunden haben. Dort befinden sich eben auch die Geschichtswerke. Der Raum bietet Platz für alle Art Kultur- und Diskussionsveranstaltungen. Eine sehr schöne Idee, wenn man als Unternehmer und in dem Fall als Winzer seine Türen für die Begegnung von Menschen öffnet!
Bedanken möchte ich mich im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit regionaler Geschichte besonders herzlich für einen Bildband über “Anonymes Bauen” im Nordburgenland, der in den 1960er Jahren verfasst und in den 1990ern neu aufgelegt wurde und den mir Josef Umathum mitgab. Der wunderschöne Bildband diente als Hintergrund für mein Foto der pannonischen Maccheroni and Cheese.
Josef Umathum engagiert sich auch als Mäzen, der junge und neue Talente in der Landwirtschaft förderte, wie beispielsweise den heute ebenso erfolgreichen Erich Stekovics, der vor allem für sein unglaublich umfangreiches Sortiment an Paradeiserpflanzen, wie die Tomaten im Burgenland genannt werden, bekannt wurde.
Ebenso ist die “Bank für Gemeinwohl“, die sich jetzt Genossenschaft für Gemeinwohl nennt, ein Herzensanliegen von Josef Umathum. Das oft eben nicht am Gemeinwohl orientierte Agieren von Unternehmen oder Banken veranlasste Gleichgesinnte, dieses Projekt zu gründen, für dessen Umsetzung es noch einiges an Kapital bedarf. Die Umathums jedenfalls haben sich hier schon eingebracht und Anteilscheine gezeichnet, aus dem Gedanken heraus, eine Genossenschaft im ursprünglichen Sinne ins Leben zu rufen, bei der Viele Wenigen helfen können und das Einzelrisiko gering gehalten wird. Der Wert unserer Gesellschaft, bedauert Josef Umathum, wird nur in Geld gemessen, doch das ist zu wenig. Eine Gesellschaft im Gleichgewicht wäre für den einzelnen Menschen erstrebenswert, daher der persönliche Einsatz.
Seit 2015 engagiert sich die Familie Umathum auch in der Flüchtlingshilfe. Die Situation im August und September 2015, als täglich unzählige Menschen, die vor Krieg und Aussichtslosigkeit geflüchtet waren und an der burgenländischen Grenze eintrafen, veranlasste Ariane Umathum, mit Freunden die Initiative “Region Neusiedlersee hilft” zu gründen. Sehr richtig, meiner Meinung nach, erkannte Ariane Umathum, dass eine Organisation auf Bürgerebene von unbedingter Notwendigkeit war. Die neue Situation stellte alle Beteiligten vor große Herausforderungen, die nur auf breiter Basis, von Menschen mit Menschen gelöst werden konnten und gelöst werden können! Egal, ob es sich um Deutschkurse, Sozialberatung oder Schulungen zur österreichischen Rechtslage handelte, für Ariane Umathum war es klar, hier zu helfen und sie lernte selbst viel dabei. Der Einsatz für Menschen aus dem Nahen Osten schließt auch wieder, wie die Beschäftigung mit Geschichte und Vielfalt, den Kreis zu Steppe und Stadt.
Es wäre noch viel zu sagen, aber das tue ich vielleicht ein anderes Mal. Ich hatte keine Ahnung, wie die Begegnung mit dem Winzerpaar Umathum, die ja eben nicht nur Winzer sind, sein würde. Die Recherchen im Vorfeld hatten mich neugierig gemacht und umso schöner war es, dass sich dieses sympathische Bild auch bestätigte!
(Fotocredit: Foto “Josef Umathum mit Schaf”: Weingut Umathum; alle anderen: Steppe und Stadt)