Romana Widder-Lunzer – Aus Leidenschaft an der Töpferscheibe

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(Unbezahlte Werbung/Reportage) Die Geschichte Romana Widder-Lunzers bewegt sich beinahe zwischen Steppe und Stadt, denn die Keramikerin stammt aus Gols im Burgenland und lebt und arbeitet heute in Wien-Leopoldstadt. Es ist eine Geschichte der Leidenschaft für Farben und Formen und der Begeisterung für die Handwerksarbeit. 

Und es ist eine Geschichte des Findens des eigenen Wegs. Die Suche nach diesem führte Romana Widder-Lunzer nach der Matura in Neusiedl am See zunächst zum Studium nach Wien. Biologie, Kunstgeschichte und Archäologie waren die Themen, die sie damals interessierten. Doch irgendwie passte dieser Weg noch nicht ganz und so ging sie als Au-pair nach Paris. In Frankreich kam sie erstmals auch, in der Bretagne und der Normandie, mit dem Keramikhandwerk in Berührung. Bei der Rückkehr nach Wien stand der Weg fest: Romana Widder-Lunzer entschloss sich für den Besuch der Wiener Kunstschule und begann an der Töpferscheibe zu experimentieren.

In den ersten Jahren war die Arbeit sicher nicht immer so leicht. Damals hatte sie noch keine eigene Werkstatt. Das Wasser für die Töpferscheibe musste sie eine Zeit lang von einer Bassena, die sich einen Stock unter ihrer Wohnung befand, holen. Mit einer Kärntner Kollegin teilte sie sich eine Werkstatt in der Klosterneuburger Straße im 20. Bezirk, auch in der Leopoldstädter Castellezgasse befand sich eine der Stationen Romana Widder-Lunzers. 1985 wechselte sie in eine eigene Werkstatt in der im 5. Bezirk gelegenen Krongasse ehe sie 1987 in die Leopoldstadt zurückkehrte, in jene Werkstatt, die sie auch heute in der Taborstraße betreibt. 

Werkstatt in der Taborstraße

In den 1980er Jahren wurden auch ihre beiden Söhne geboren, und nachdem man eine Wohnung im selben Haus, in dem sich auch die Werkstatt befindet, bezog, wurde das Leben und Arbeiten dadurch sehr erleichtert. Noch heute genießt Romana Widder-Lunzer diese Verbindung von Wohnen und Arbeiten und als kunsthandwerkende Mutter war dies sicher ein großer Vorteil. 

Diese Verbindung von Wohn- und Arbeitsort erinnerte mich beim Gespräch mit Romana Widder-Lunzer auch an eine andere Kunsthandwerkerin, an die Glas- und Keramikkünstlerin Martina Zwölfer, die ich ebenso für Steppe und Stadt interviewt hatte und die auch der Leopoldstädter Keramikerin bekannt ist. Auch Martina Zwölfer verbindet in der Seestadt Wohnen und Arbeiten nach asiatischem Vorbild. 

Romana Widder-Lunzers Werkstatt in der Taborstraße strahlt Behaglichkeit und Ruhe aus. Als ich mich zum Interview traf, erfüllte die tiefe und markante Stimme Leonard Cohens den Raum, eines Künstlers, der Romana Widder-Lunzer besonders berührt und dessen Lieder sie in der winterlichen Jahreszeit genießt. Im Gegensatz zu meinem letzten Besuch erschien mir die Fülle an unterschiedlichen Keramikarbeiten eine noch größere zu sein. Auf mehreren Regalen standen sie da, fein geschlichtet und den Betrachter einladend, einen näheren Blick darauf zu werfen: Schüsseln, Schälchen, Kännchen und Teller… Unweigerlich zogen sie meinen Blick während des Plauderns immer wieder auf sich. Und ganz besonders angetan war ich über jene Arbeiten, die in den unterschiedlichsten Türkistönen erschienen. Durch meine Beschäftigung mit iranischen Designs und Mustern bin ich auf die Leidenschaft für Türkistöne gestoßen. Als ich das Romana Widder-Lunzer erzählte, zog sie schnell einen Kunstband aus einem der Regale, der über altpersische Keramik handelt. Die Bücher in ihrer Werkstatt sind ebenso von der Liebe zum Handwerk, zu den Formen und Farben, geprägt. So erfuhr ich von Marc Chagalls Keramikarbeiten, von denen ich, muss ich gestehen, nie zuvor gehört hatte. Und so blätterten wir gleich in mehreren Werken.

Der Wert des Handwerks

Romana Widder-Lunzer bezeichnet sich selbst als Handwerkerin. Das Werken, das Arbeiten mit den Händen, an der Töpferscheibe, stehen im Vordergrund. In ihrer Werkstatt befindet sich auch ein eigener Brennofen, eine wichtige Errungenschaft, auch diesen Arbeitsschritt selbst vornehmen zu können. Bei 1200° bis 1250° werden die Gefäße gebrannt.

Die Formen sind klar und einfach. Sie muten asiatisch an, die Schälchen und Becher haben keine Henkel, auch das erinnert mich an die Zugangsweise Martina Zwölfers. Die Schüsselchen sind schlicht und haben etwas Ursprüngliches an sich. Romana Widder-Lunzer äußerte dazu folgende Assoziation: “Was war zunächst da? Was ist das einfachste, um etwas zu halten?” Dabei hielt sie ihre Hände, als wären sie eine Schale, unweigerlich fiel mir dazu der englische Name “Bowl” ein, der für mich am ehesten treffend für diese Form schien. Die Hände, die halten oder schöpfen, vielleicht Wasser, vielleicht Nahrung… dachte ich. Und wir stellten fest, wie praktisch gerade Schalen oder Schüsseln oder eben “Bowls” sind: Man kann überall, in jeder Umgebung, aus ihnen essen. Und sie sind auch für jeden Menschen gedacht, ihre Preisgestaltung richtet sich nach allen Geldbörsen. Romana Widder-Lunzer möchte, dass die von ihr geschaffenen Gegenstände auch genützt werden können, sie sollen keine Ausstellungsobjekte sein, sondern mit Leben gefüllt werden! 

Die Farben der Natur

Die Farben sind erdig und erstrecken sich über Grau-, Schwarz- und Brauntöne bis zu sehr weiten Facetten von Grüntönen. Und dann gibt es noch einige, die in ganz anderen Tönen erscheinen, wie eine Schüssel, die ein ganz eigenes schimmerndes Rosé aufwies.

Die Glasuren entstehen durch das Verwenden von Pflanzenaschen, wobei zu den Aschen manchmal noch andere natürliche Rohstoffe vermischt werden. Die Farbtöne entstehen durch das Beifügen von Oxiden. Und: Es ist immer auch ein Experiment, welche Töne sich dabei genau ergeben. Das macht die Handwerksarbeiten auch so besonders und einzigartig! 

Das Verwenden von natürlichen Rohstoffen und die Naturverbundenheit, die in den Farben zum Ausdruck kommen, spiegeln auch Romana Widder-Lunzers Zugang wieder. Sie ist ein unglaublich naturverbundener Mensch, die beeindruckende Naturfotos von Blumen, Pflanzen und Tieren, die ihr in der Natur der Großstadt begegnen, macht. Einige dieser Blumen oder Zweige finden sich dann in den zierlichen Vasen wieder, die ihrem handwerklichen Repertoire entspringen. 

 

Vase Romana Widder-Lunzers

 

Neu in den Regalen sind auch eine Menge kleiner Milchkännchen, deren Entstehung mit der Vorliebe ihres Mannes zusammenhängt, seinen Tee immer mit Milch zu trinken. Die Familie inspiriert! 

Ausstellungen und ein offenes Atelier

Und interessant ist auch, dass auch die Familie Romana Widder-Lunzers im Burgenland dem Handwerk nachgeht und der Natur verbunden ist. Ihr Bruder ist einer der zahlreichen Winzer, die Gols´ Identität ausmachen. Ihre Mutter betreibt dort, wie es wohl alle Nordburgenländerinnen tun, einen Selbstversorgergarten und all das erinnert mich an meine Familie, an meine Oma und unseren Garten.

In Gols hilft Romana Widder-Lunzer auch immer wieder bei Veranstaltungen des Weinguts “Michaela und Gerhard Lunzer” aus, bei denen sie auch ihre Keramik ausstellt. In Wien beteiligt sie sich seit 2004 am Atelierrundgang “Q202”, bei dem die Ateliers und Werkstätten im 2. wie im 20. Bezirk dem Publikum geöffnet werden. Seit Jahren gehört sie auch zu den Ausstellenden jener Porzellan- und Keramikmesse, die sich bis vor kurzem “Keramik und Porzellan im Augarten” nannte und am gleichnamigen Areal stattfand. Seit heuer nennt sich die Ausstellung trefflich “Pots und Blitz” und findet im Museumsquartier statt.

Zuhause in der Leopoldstadt

Im Augarten haben sie wohl auch meine lieben Nachbarinnen kennengelernt, die mich auf diese spannende Künstlerin oder Handwerkerin und diesen sympathischen Menschen aufmerksam gemacht haben! Und irgendwie sind wir alle miteinander verbunden – in der Leopoldstadt. Dieser Bezirk ist für mich etwas Besonderes, anders als die auch von mir geschätzte Innenstadt, hat er, wie ich oft amüsiert sage, etwas “Dörfliches” an sich. Er ist überschaubar, ruhig und jeder kennt jeden, irgendwie, oder ums Eck! Und es ist ein Ort, der unzählige Künstler und Künstlerinnen und Kreative anzieht. 

Romana Widder Lunzer erzählte in dem Zusammenhang, dass sie die Geschäfte vor Ort schätzt, dass sie gerne lokal einkauft, und eigentlich oft tagelang den Bezirk nicht wirklich verlassen müsste. Und wenn sie ihre Werkstatt verlässt, kommt sie meist ohnehin nicht weit, da sie von einem Gespräch ins nächste gelangt, und an jeder Ecke bekannte und liebe Menschen trifft. Aber ein Weg führt doch manchmal aus dem Bezirk hinaus, der Weg ins Grüne. 

 

Romana Widder-Lunzer Porträt

 

Romana Widder-Lunzer ist ein absoluter Morgenmensch. Wenn viele von uns noch schlafen, ist sie schon unterwegs, um mit dem Rad eine erste Runde in der Natur zu drehen. Danach geht es an die Arbeit in die Werkstatt, an die Töpferscheibe, für die sie sich vor langem entschieden hat. Wenn sie von ihrem Lebensrhythmus, von ihrer Leidenschaft für ihr Tun, von ihrer Familie und dem Kreislauf dieses Lebens spricht, dann sieht man einen strahlenden, begeisterten, aber auch dankbaren und in sich ruhenden Menschen vor sich – und das macht jede Begegnung mit dieser Frau so besonders. 

 

Einige weitere Eindrücke findet man auch auf ihrer Website:

Romana Widder-Lunzer

Fotocredit: Porträts: Romana Widder-Lunzer; alle anderen: Steppe und Stadt

 

Kardamom Latte in der Keramik Widder-Lunzers

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