Hühnersuppe mit Mini-Matzebällchen

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Nachdem ich mich in meinem letzten Artikel mit der jüdischen Geschichte des Burgenlandes befasst habe, wollte ich gerne auch ein jüdisches Rezept kochen. Besonders nett, dachte ich, wäre ein burgenländisch-jüdisches Rezept, also wandte ich mich an das Österreichische Jüdische Museum in Eisenstadt, von wo aus der Blog “Koschere Melange” betrieben wird. Wir sehen an diesem Beispiel gleich wieder – Ja, Bloggen und Schreiben kann sehr vielfältig sein! Zuletzt habe ich vom Historiker Herbert Brettl berichtet, der den Burgenland History Blog betreibt, und im Fall der Koscheren Melange beschäftigt man sich mit Aspekten der jüdischen Geschichte und Kultur. 

Ein Mitarbeiter des Blogs schrieb mir zurück und meinte, er könne sich erinnern, dass sie mal einen Beitrag gebracht hatten, der eine Matzebällchen-Suppe zum Inhalt hatte. Die Nachfahren einer aus dem Burgenland in die USA geflüchteten Frau hatten dieses Rezept als Familienrezept übernommen. 

Matzebällchen – Das sind kleine Knödelchen aus Matzemehl, jenem Mehl aus ungesäuertem Brot, das gläubige Juden vor allem zum Pessachfest essen. Das einwöchige Pessachfest wird übrigens in wenigen Tagen, ab Ende März begangen. Bei “Matze” lässt sich auch “Mazzesinsel” assoziieren. So wird der Bezirk Wien-Leopoldstadt wegen seiner jüdischen Geschichte und nun auch wieder lebendigen jüdischen Kultur in Wien genannt. Und hier leben wir. Inmitten eines Bezirks, der in den letzten Jahren wohl “hip” geworden ist. Junge Projekte, Kreativität, ambitionierte Lokale, von gemütlich bis fancy, lokale Märkte mit alteingesessenen “Standln” und neuen Bio-Anbietern, einladende Grünanlagen… Ein Stadtteil, in den viele Studenten gezogen sind. Ein Ort, den Künstler bevorzugen, es muss so sein, denn ziemlich oft stelle ich gerade auch wieder in letzter Zeit fest, dass der eine oder andere Schauspieler, Schriftsteller, Sänger oder bildende Künstler hier lebt. Ein Ort der Inspiration also! Und ein Ort, der Vielfalt widerspiegelt. 

Wenn man heute durch die Leopoldstadt, vor allem hier, wo wir leben, nahe des Karmelitermarkts und der Taborstraße, geht, dann ist neben den unterschiedlichsten Eindrücken auch die jüdische Identität wieder da – im Gedenken einerseits, wenn man auf den Gehsteigen anhand der “Stolpersteine” jüdische Biografien nachvollziehen kann, aber was ja viel schöner ist – dass es auch wieder eine jüdische lebendige Kultur gibt. Hier sind es vor allem orthodoxe Juden, die das Bild der “Mazzesinsel” wieder prägen, die hier leben, mit ihren Familien, und auch das eine oder andere jüdische Geschäft oder Restaurant betreiben. Nun schließt sich fast der Kreis zu einer Überlegung in meinem letzten Artikel über “Identität” – das Erinnern und das Wiederanknüpfen an diese alte Tradition hat diese Identität wieder erstehen lassen. Aber bevor ich jetzt begeistert ins Erzählen über meine Nachbarschaft abdrifte, will ich doch zum Kochen zurückkommen.

Wenn man also auf der “Mazzesinsel” lebt, ist es nicht schwer, auch einen Supermarkt zu finden, der koschere Produkte und Matzemehl anbietet. Ich habe zwei Sorten getestet: Das vegane “law fat, law salt” “Rakusen´s Matzemehl” aus Großbritannien kann ich weiterempfehlen!

Schnell war mir übrigens klar, dass es sich bei Hühnersuppe mit Matzebällchen um einen Klassiker der traditionellen jüdischen Küche handelt. Sie ist daher nicht per se burgenländisch-jüdisch, aber eine feine Speise, die immer passt. Die Suppe wird in Wien auch “Jüdisches Penicillin” genannt, weil sie bei Verkühlung oder Krankheit stärkt. Angesichts des heuer schon etwas lange dauernden Winters, eine perfekte Idee! 

Nachdem sich die Idee mit dem Burgenland-Aspekt also nicht ganz verwirklichen ließ, musste ich es wissen: Als Fan des aus Israel stammenden und in London wirkenden Kochs Yotam Ottolenghi, wollte ich, wenn möglich, auf ein Rezept des Spitzenkochs zurückgreifen. Ich schätze Ottolenghi vor allem für seine bunten, köstlichen mediterranen und nahöstlichen Rezepte. Also assoziierte ich nicht gleich eine doch eher europäisch-geprägte Suppe mit seinem Zugang. Aber eines meiner Lieblingsbücher ist “Jerusalem”, das er mit seinem palästinensischen Kollegen Sami Tamimi geschrieben hat. Und tatsächlich: Unter “Klare Hühnersuppe mit Knaidlach” findet sich der Klassiker, von dem Ottolenghi unter anderem schreibt, dass der Kollege, der “nicht einen jüdischen Knochen im Leibe hat”, mittlerweile berühmt für seine Knaidlach, so werden die Matzebällchen auch genannt, ist. Matzebällchen verbinden also! Nichts wie ran ans Kochen!

Und hier gibt´s das Rezept!

Die Bällchen habe ich à la Ottolenghi zubereitet, die Suppe nach meinem eigenen Geschmack. Ich habe nur anstelle “Margarine” Pflanzenmargarine für die Matzebällchen genommen, da ich sie möglichst authentisch und daher koscher kochen wollte:

Zutaten:

Für die Suppe:

  • Hühnerteile, je nach Geschmack – in Bio-Qualität!
  • Knollensellerie und Karotten zu fast je gleichem Anteil (Karotten sollten etwas mehr sein; Stangensellerie wäre perfekt, ich hatte nur zum Zeitpunkt des Kochens keine bekommen)
  • etwas weniger gelbe Rübe
  • eine Stange Lauch
  • 2 Esslöffel Kurkuma
  • Salz und Pfeffer
  • Olivenöl
  • Thymian
  • frische Dille

Für die Matzebällchen (Ottolenghi-Version):

  • 75 g Matzemehl
  • 2 große Eier
  • 40 g Pflanzenmargarine
  • 2 Esslöffel sehr klein gehackte Petersilie
  • 4 Esslöffel Mineralwasser
  • Salz und Pfeffer

Für die Suppe den Lauch in sehr dünne Ringe schneiden. Huhn, mit Salz und Pfeffer gewürzt, mit dem Lauch in etwas Olivenöl anbraten und mit Wasser aufgießen. Kurkuma und etwas frischen Thymian hinzufügen. Das Ganze (natürlich je nach Größe der Hühnerteile) eine 3/4 Stunde nach dem nochmaligen Aufkochen köcheln lassen. 

Sellerie, Karotten und gelbe Rübe schälen und schließlich mit dem Sparschäler in sehr dünne Streifen schneiden. Gemüsestreifen in die eine 3/4 Std. gekochte Hühner-Lauch-Suppe einrühren und (sehr) kurz köcheln lassen. Je dünner die Gemüsestreifen sind, desto weniger lang benötigen sie. Wir bevorzugen es, wenn das Gemüse noch seine frische Farbe hat und leicht knackig schmeckt!

Für die Matzebällchen zunächst die Margarine zerlassen und abkühlen lassen. Die Eier in einer Rührschüssel schaumig schlagen, Margarine, etwas Salz und Pfeffer, und die klein gehackte Petersilie einrühren. Schließlich das Matzemehl und das Mineralwasser hinzufügen und verrühren, sodass man einen geschmeidigen bis festen Teig erhält. Diesen mindestens 2 Stunden kalt stellen. Schließlich aus dem Teig kleine Bällchen (Ottolenghi spricht von Walnussgröße) formen. In einem Topf leicht gesalzenes Wasser zum Kochen bringen, die Matzebällchen sehr vorsichtig in das Wasser legen und 30 Minuten bei leicht geöffnetem Deckel auf sehr niedriger Stufe köcheln lassen. Anschließend können die Bällchen in die Suppe gegeben oder für den nächsten Tag im Kühlschrank aufbewahrt werden. Dann einfach am Ende des Aufwärmens der Suppe als Beilage hinzufügen! Die Suppe kann noch zusätzlich mit frischer Dille abgeschmeckt werden!

Guten Appetit! תיאבון טוב

 

Hühnersuppe mit Matzebällchen im Lichteinfall

 

 

 

 

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